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Mario Brand: Comirnaty EY2172 (2021)

Als am 27. Januar 2020 der erste mit SARS-CoV-2 infizierte Mensch in Deutschland registriert wurde, ahnten nur die wenigsten, welche Auswirkungen das Virus auch in Deutschland haben würde. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister (Jens Spahn) beschrieb die Folgen damals noch als gering: „Es war zu erwarten, dass das Virus auch Deutschland erreicht. (…). Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland durch die neue Atemwegserkrankung aus China bleibt nach Einschätzung des RKI (Robert-Koch-Institut, Anmerk. d. Verfassers) weiterhin gering.“

Aus einer lokalen Epidemie wurde eine globale Pandemie. Bis Anfang März 2022 gab es 446 Millionen Infizierte weltweit, mehr als sechs Millionen Menschen starben an den Folgen der Infektion. Selbst in europäischen Ländern waren zeitweilig die Intensivstationen der Krankenhäuser überfüllt.

Die sozialen und wirtschaftlichen Langzeitfolgen der Pandemie sind in Deutschland und weltweit noch nicht absehbar. Die Privilegien dieses Landes – ein funktionierendes Gesundheitssystem, soziale Absicherung und persönliche Sicherheit in einem Maß, wie sie in vielen Gesellschaften und Ländern nicht gegeben ist – scheinen in Frage gestellt. Die Gesellschaft in Deutschland ist Mitte März 2020 mit dem ersten Shutdown in eine Parallel-Welt eingetreten. Das Leben wurde ein anderes. Das selbstverständliche Treffen von Freunden, Familie und Kollegen war nur noch unter Einhaltung von neuen Regeln oder virtuell möglich. Diese Regeln zielen auf Distanz ab. Sie wollen Abstand, wo vorher Nähe war.

Mit der Entwicklung von Impfstoffen Ende 2020 wurden Test- und Impfzentren in Deutschland zu Orten, die eine Rückkehr in die „Normalität“ versprachen. In einer für Deutschland ungewohnten Mischung aus Improvisation und Ordnung entstand eine neue temporäre Architektur. Bestehende Gebäude wurden umgebaut und umgenutzt. Zweckbauten wurden zu Sehnsuchtsorten. In meiner Arbeit werden die verschiedenen Test- und Impfzentren zu einem utopischen Ort. Comirnaty EY2172. Ein fernes Land, eine bessere Welt. 

Mario Brand wurde 1973 in der kleinen ostwestfälischen Stadt Lemgo geboren und wuchs in dem noch kleineren Ort Silixen auf. Nach dem Abitur begann er Theaterwissenschaften in Leipzig zu studieren. 2010 wechselte er an die FH Bielefeld, wo er ein Studium der Fotografie aufnahm, das er 2016 mit dem Bachelor abschloss. Seit 2013 ist Mario Brand als freiberuflicher Fotograf in den Bereichen Architektur- und Dokumentarfotografie tätig. Brand wohnt in Duisburg, arbeitet aber inzwischen seit fünf Jahren von Düsseldorf aus.

www.mariobrand.net